Eine Reise mit dem Schiff von Deutschland in die Türkei – wer macht denn so etwas?
Pöttchen und seine abenteuerlustige Gruppe. Die 24 Jugendlichen hatten sich darauf geeinigt, ihre Ferien dieses Mal in der Türkei zu verbringen und beschlossen, die ganze Reise mit dem Schiff zu machen.
Dass dies nicht ohne Pannen abgeht, ist eigentlich klar. Und Pöttchen muss natürlich wieder eine Reihe origineller Streiche über sich ergehen lassen.
Auf dem Weg von Hamburg nach Istanbul legt die „Salome“ in verschiedenen Häfen an. Auch die Landaufenthalte haben es in sich. So sind z. B. Papes und Flori auf einmal weg, ohne dass Pöttchen es merkt. In Lissabon hängt die ganze Bande Pöttchen ab und erkundet die Stadt alleine. In Tanger erfährt Pöttchen, dass ihm ein Unglück widerfahren wird, und in Catania verliebt sich Polux in einen Italiener.
Eine turbulente Schiffsreise für alle Beteiligten. Bis die Jugendlichen dann endlich in Istanbul ankommen und dort auch gleich in ein Abenteuer verwickelt werden. Was genau das ist, erfährt man im nächsten Buch.
Leseprobe: Im Bann des Methusalem
Vor einer Bude mit Teppichen blieb Pöttchen neugierig stehen. Plötzlich wurde er wie von einer unsichtbaren Hand zwischen einem der Teppiche hindurch in das Innere des Ladens gezogen. Er konnte kaum etwas erkennen, denn es war vergleichsweise dunkel. Irgendwo schien eine Tür aufzugehen. In einem fahlen Lichtschein sah Pöttchen ein verhutzeltes Männchen eintreten. Auf dem Kopf trug er einen großen Turban, ansonsten einen etwas eher schäbigen Kaftan und Schuhe, die vorne so nach oben gebogen waren und aussahen wie Sicheln. Das Männchen kam direkt auf Pöttchen zu und sprach ihn auf Arabisch an. Pöttchen verstand natürlich kein Wort.
„Salam´ aleikum“, sagte das Männchen und verneigte sich. Pöttchen kannte nur zwei Worte auf Arabisch aus den Karl May Büchern, nämlich ‚Sihdi‘ und ‚Bakschisch‘. Er verneigte sich ebenfalls und murmelte etwas, was er dachte, dass es Arabisch sei.
Das Männchen fuhr fort, Pöttchen auf Arabisch anzusprechen. Aber Pöttchen verstand beim besten Willen nicht, was der Greis wollte und er zuckte resigniert mit den Schultern.
‚Vielleicht versteht er ja Türkisch‘, dachte Pöttchen, denn er hatte vor dem Reiseantritt schnell ein wenig Türkisch gelernt.
„Anlamıyorum“, stammelte Pöttchen. Das heißt „ich verstehe nicht“.
Das alte Männchen sah Pöttchen ganz überrascht an.
Pöttchen quetschte dann noch ein paar mehr Worte auf Türkisch heraus und der alte Mann erwiderte darauf ebenfalls auf Türkisch. Er winkte mit der Hand und gab Pöttchen zu verstehen, dass er sich hinsetzen sollte. Pöttchen war das aber gar nicht recht. Er wehrte heftig ab und dachte an die Jugendlichen, die draußen auf ihn warteten.
„Nein, nein“, sagte Pöttchen in einem Gemisch aus Türkisch und Französisch. „Ich habe gar keine Zeit. Draußen warten meine Jungs und Mädchen auf mich.“
„Lass sie warten“, erwiderte der alte verhutzelte Opa. „Ich bin Methusalem. Ich werde dir die Zukunft voraussagen. Du gibst mir einen Dirham dafür.“
Pöttchen, dem es jetzt unheimlich wurde, weigerte sich vehement. Allerdings vergeblich. Nach vielem Hin und Her wurde er von Methusalem in einen anderen Raum geführt. Auf einem kleinen Tisch stand eine große Glaskugel. Von der Decke hingen Sonne, Mond und Sterne und allerlei andere Gegenstände herab. In einer der Ecke stand ein Gerippe herum. Der Raum selbst wurde von einer Talgkerze, die auf einem Totenkopf stand, erhellt.
„Nimm Platz“, forderte der Greis Pöttchen auf und wies auf einen alten Teppich hin.
Pöttchen setzte sich im Schneidersitz auf den Teppich. Ein kalter Schauer überlief ihn. Es roch komisch, muffig. Die Luft war total stickig und schwer zu atmen. Methusalem setzte sich auf einen abgewetzten Diwan. Plötzlich fing das Gerippe in der Ecke zu klappern an. Pöttchens Zähne taten dasselbe. Methusalem deckte die Glaskugel mit einem schwarzen Tuch zu. Die Kerze erlosch. Jetzt war es stockduster. In diesem Moment hörte Pöttchen schaurige Gesänge, die aus einem anderen Raum zu kommen schienen. Er wurde kreidebleich. Es kam ihm wie eine Ewigkeit vor, dann konnte er mit Mühe erkennen, wie der Alte das schwarze Tuch von der Kugel nahm. Außer der komischen Musik und dem Klappern des Gerippes konnte Pöttchen nichts hören. Ihm war, als ob Geister im Zelt umherschwebten. Nun kamen auch noch surrende Heultöne von der Glaskugel. Aber wenigstens verschwand jetzt die Geistermusik. Das Geklapper des Gerippes wurde auch leiser. Ein kleines Licht flammte von einem der Sterne, die von der Decke herabhingen, auf.
Pöttchen atmete auf. Jetzt begann Methusalem zu sprechen. In einem Mischmasch von Türkisch und Französisch sagte er zu Pöttchen: „Ich sehe jetzt in deine Zukunft. Ohne in deiner Hand zu lesen, sage ich dir, was du bist, wie alt du bist und wo deine Heimat ist.“
Und dann fing er an:
„Du bist Lehrer für Geschichte, Latein und Erdkunde. Unverheiratet. Deine erste große Liebe hattest du mit 17 Jahren. Später hast du keine Frau, die sich dir anschließen wollte, gefunden. Du hast viele Sorgen.“
Pöttchen war ganz erschrocken, woher Methusalem das alles wusste. ‚Ja‘, dachte Pöttchen, ‚das stimmt alles. Ich war damals unsterblich in eine Klassenkameradin verliebt. Sie enttäuschte mich jedoch maßlos, weil sie lieber mit einem aus der Nachbarklasse ausgegangen ist. Und so ein Schicksal will ich meinen Jugendlichen ersparen.‘
Methusalem sprach weiter: „Du bist 47 Jahre alt, dein Geburtstag ist am 30. September. Deine Heimat ist Deutschland. … Warte, gleich sage ich dir auch die Stadt“.
Das alte Männchen strich über die Kugel und fuhr fort:
„ Meine Kugel ist trübe und meine Augen sehen schlecht. Aber da, da sehe ich jetzt die Stadt. Ich sehe einen hohen Turm. Im ganzen Orient habe ich einen solchen Turm noch nie gesehen. Jetzt kann ich noch andere Gebäude erkennen. Aber den Namen der Stadt kann ich nur ganz schlecht lesen. Ich kenne die Sprache des Landes auch nicht, deshalb sage ich dir jetzt die Buchstaben.“
Methusalem beugte sich über seine Kugel, um besser lesen zu können.
„Warte“ fuhr er fort, „ich schreibe sie dir auf.“
Er kritzelte die Buchstaben auf ein Stück Papier, das neben der Glaskugel lag, und reichte es Pöttchen.
Da stand ganz groß: F R A N K F U R T.
„Stimmt’s?“, fragte der Greis.
„Ja, stimmt“, antwortete Pöttchen und war völlig erstaunt. Seine Kehle war ganz trocken. Er würgte und schluckte.
„Jetzt werde ich dir deine Zukunft sagen“, sprach das Männchen weiter.
Wieder hörte Pöttchen die komische Musik. Dieses Mal fehlte aber das Geklapper des Gerippes. Dafür zuckten jetzt ganz schrecklich grelle Blitze in der Glaskugel. Die Sterne, die von der Decke hingen, verdunkelten sich und in dem Raum wurde es finster. Durch das Licht der Blitze sah Pöttchen wie Methusalem immer wieder mit der Hand über seine Kugel fuhr.
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